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Auf Zehenspitzen durch den Tag
Mittwoch, 12. Februar 2025, bei der remasterten Version der Genesis LP von 2007 „And Then There Were Three“
Um kurz nach 8:00 Uhr Anruf vom Zahnarzt, dem ein Patient ausgefallen war, sodass er den Termin mit mir aufzufüllen gedachte; hab nicht reagiert. Vor allem auch, da ich gerade erst aus einem Traum aufgewacht war, in dem ich Stammbäume von Wortfamilien geträumt bzw. konstruiert hatte; dachte hernach, dass sich so vielleicht die Grimm-Brüder gefühlt haben könnten, in den langen Jahren, da sie das Material für das „Deutsche Wörterbuch“ gesammelt haben.
Nun, alles ist sehr zerbrechlich, dieser Tage, ich muss mich vorsehen, nicht nur, weil ich permanent zwischen alles und nichts schwanke. Auch die Liebste ist der Sinnlosigkeit ausgesetzt und muss dazu noch ihren schlechten Gesundheitszustand ertragen, was schlimmer ist, als die Dummheit und Ignoranz ihrer Schüler. Alles zusammen aber, ohne Aussicht auf ein Ende, ist kaum zu ertragen.
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Bessere Nachrichten gibt es von meiner neuen Publikation »Die unerzählbare Geschichte«, die zur Buchmesse erscheinen wird. Das Cover ist jetzt bis auf den Text (Rückseite u. Innenklappen) fertig und ist wohl ganz gut geworden, wie die Reaktionen auf Facebook zeigen. Natürlich verhält es sich mit dem Inhalt etwas weniger lieblich, als der Buchumschlag vermuten lässt, aber das wird man dann schon sehen. Die blauen Blumen etwa, die ehemals die Redewendung von der ‚Fahrt ins Blaue‘ provozierten, da ganze Landschaften in dieses Blau getaucht waren, sind Flachsblüten, und in einem Arbeitslager, deren Insassen während der Nazizeit gezwungen wurden Flachs zu verarbeiten, hat meine Mutter als Kind, zwischen ihrem zehnten und dreizehnten Jahr, arbeiten müssen. So nahe liegen die Dinge beieinander. Oder, um mit Rilke zu sprechen: »Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen.«*
Eine zweite gute Nachricht erhielt ich zudem von meinem brasilianischen Übersetzer, der, wie er schrieb, inzwischen gute Verlagsverbindungen hat und anfragte, was ich ihm dort zur Veröffentlichung anbieten könne. Er selbst schlug den Regenroman vor, was ich ablehnte. Aber da ich selbst dieser Tage wieder über einen Novellenband mit 3 Texten zur Literatura fantástica nachdenke, so kann ich ihm bis zum Wochenende ein passendes Manuskript fertigmachen und zuschicken.
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Jean Baudrillards »Agonie des Realen«, das ich über den ganzen Blogtext gesetzt habe, lese ich zur Zeit wieder (Erstlektüre Sommer 2007), weil ich seit Wochenbeginn an der Novelle »Nachtflohmarkt« arbeite, in der es um Simulation und Simulakren geht. Und eigentlich lese ich es nur stellvertretend, weil Baudrillards Band »Simulacres et simulation« immer noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. Am Ende werde ich mich durch die französische Fassung quälen und selbst übersetzen müssen.
Bleiben Sie glücklich
wünscht Ihnen PHG
* aus Rilke: Erste Duineser Elegie
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