Literatur

Wieder trotz des Regens

Freitag, 31. März 2023, bei der Symphonie Nr. 2 e-Moll, op. 27 von Sergej Rachmaninow, unter Kirill Petrenko und den Berlinern

Erster Blog-Beitrag nach fast drei Monaten. Drei Monate, die weitgehend jede Arbeit stocken ließen, wie hoffnungsvoll auch immer ich sie begonnen hatte. Mein altes Motto „Nur die Arbeit wird dich retten.“ hat also ebenfalls versagt. Nur eines ist sicher: Man wird der Zeit zum Fraße vorgeworfen.

Dass ich heute versuche, etwas aufzunotieren, während der Regen mir immer neue Aprilschauer über die Fensterscheiben wirft, es dient der Sichtung der Reste:

Ad 1: Meine Vorbereitungsarbeiten für das Christus-Projekt, die ich so energisch begonnen hatte, werde ich in diesem Jahr vermutlich ganz zurückstellen müssen. Ich zögere zwar noch immer, den Schreibtisch von der dort versammelten Arbeitsbibliothek freizuräumen, aber das liegt nur an einer Mutlosigkeit, die schwer abzuschütteln ist, nicht an etwaigen noch realistisch zu nennenden Hoffnungen auf ein Weiterführen der Recherchen. Setzen wir das Projekt mal ins nächste Jahr, um den Dämonen nicht den ganzen Sieg zu schenken.

Ad 2: Das Manuskript des Buches „Ein paar Dinge, die ich über mich, meine Eltern und Auschwitz weiß“ ist an sich fertig. Ich müsste nur einen letzten Durchgang starten, um solche Dinge wie unterschiedliche Anführungszeichen abzugleichen, Kursivschreibungen zu vereinheitlichen, motivische Wiederholungen zu kontrollieren und richtig aufzubauen, dazu die ständigen erzählerischen Verschachtelungen der zwei alternierenden Buchteile auf Stimmigkeit überprüfen, ein Inhaltsverzeichnis und eine Literaturliste erstellen, naja, solche Kleinigkeiten halt – auf 400 Seiten allerdings, was meine Energie momentan zu übersteigen scheint.

Ad 3: Übersetzungen – die ja eigentlich immer eine Freude sind, es leider aber diesmal nur zur Hälfte sein können, besten Falls. So sollte nach Übersetzung und Veröffentlichung meiner Erzählung „Regenzeit in Cusco“ ins brasilianische Portugiesisch eine zweite Erzählung und ein Autorenporträt folgen, was aber nicht passiert ist.

Zwei weitere Erzählungen wurden übersetzt, nämlich „Das ferne Land“ sowie „Lebensweisen mancher Leute“ – beides, wie der Cusco-Text, Erzählungen aus meinem neuen Erzählband Morgen ist ein anderer Tag – doch sind es Übersetzungen ins Russische, was mich, unter den gegebenen weltpolitischen Umständen, dem politisch korrekten Denken eher verdächtig machen wird. Man hat sich ja bekanntlich darauf geeinigt, dass man, da man Herrn Putin nicht habhaft werden kann, stellvertretend Puschkin erschlägt. Wie schrieb doch Ernst Jünger am 23. Februar 1943 in sein zweites Pariser Tagebuch: „Jede der großen Katastrophen wirkt auch auf den Bestand an Büchern und stößt Legionen von ihnen in die Vergessenheit.“

Ad 4: ist tatsächlich mal ein Positivum, denn meine einzige Tochter hat mich zum Großvater gemacht – eine körperlich spürbare Freude.

Es gibt noch anderes, was allerdings die Liebste betrifft, und da ich mich hier nach drei Monaten Pause auf mich beschränken will, so soll es heute mal dabei bleiben.

Bleiben Sie glücklich
trotz des Regens
wünscht PHG

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker

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