Literatur

In den Herbst – mit Geduld gegen die Schwarzgalligkeit?

Sonntag, 08. November 2020, bei Paul Hindemiths ‚Schwanendreher‘ gespielt von Tabea Zimmermann und den Berlinern
„Das offizielle Ziel der Literatur besteht nicht mehr
darin, die Widersprüche des Menschen widerzuspiegeln,
geschweige denn seine mehr oder weniger intimen
Abscheulichkeiten, sondern einen widerspruchsfreien
Neo-Menschen zu zelebrieren.“
(Philippe Muray)

Es fiel mir, ich muss es gestehen, seit Tagen immer schwerer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren respective, so die Konzentration gelänge, einen Sinn darin zu finden. Sei es nun am neuen Roman, den ich noch im September begonnen habe, sei es am Mutterbuch, das links von mir auf dem Stapel liegt und nur noch druckfertig gemacht werden müsste. Selbst meine Lektüre wird überschattet von, ja, von was eigentlich?

Vom schlechten Wetter, meinen permanenten gesundheitlichen Bedenken und der Vorahnung meines baldigen Todes, der wachsenden Zahl der Infektionen weltweit, die J. in Panik ausbrechen ließ, als ich andeutete, dass ich wegen eines Rezepte und der Grippe-Impfung zur Ärztin müsse, sodass nach Geschrei etc. der Tag gänzlich zerstört war und ich von allem Abstand nahm, von diesem rassistischen Groß-Trottel Trump, der von einem dumm gemachten Volk fast erneut gewählt worden wäre, vom zwangsläufig schlechten Zustand unseres Verlages, den wir ausgerechnet ein dreiviertel Jahr vor der Zeit gründen mussten, in der die Menschen sich entschieden, lieber Toilettenpapier statt Bücher zu kaufen. Ach, wen juckt das überhaupt?! Krisenzeiten wecken in den Menschen nicht den Wunsch nach Höherem. Sie wollen vielmehr in Ruhe gelassen werden und sich inmitten des Altbekanntem einigeln, jeder Neugierde abschwören.

Nicht, dass ich es nicht ebenso versucht hätte. Alle Arbeit einfach liegen lassen, irgendwie auf schwachsinnig machen und in die Glotze starren etc., doch, das habe ich versucht. Es ist mir aber nur wenige Tage hindurch und sehr unzureichend geglückt. Letztlich braucht es auch dafür Begabung und ein gerütteltes Maß an Training.

Nun, es ist schon immer ein Problem gewesen, in einer Zeit leben zu müssen, die so sehr wie die unsere vom Weltgeschehen dominiert war. Ich würde am liebsten alles um mich vergessen, um nur noch meinem eigenen Horizont zuzuschreiten, aber es verweigert sich mir.

Also Geduld, warten, bis die Tage wieder ruhiger werden. Ob das gelingen kann?

Bleiben (wenigstens) Sie glücklich
wünscht Ihnen Ihr PHG

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.