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Wo sind sie nur alle? Das Fermi Paradox

Samstag, 1. Juni 2019, bei Mozarts ‚Il Re Pastore‘, unter Jed Wentz

„The universe is a pretty big place.
If it’s just us, seems like an awful
waste of space.“ Carl Sagan

Als die Voyager-Sonden Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ins All starteten, war ich tatsächlich stolz auf die Menschheit. Das war mir vorher noch nie passiert. Und ist natürlich seither nicht wieder vorgekommen. Die Reise, die damals begann, war tatsächlich von der Art, dass die Phantasie etwas zu tun kriegte, wie sich Céline in der Einleitung zu seiner ‚Reise ans Ende der Nacht‘ ausdrückte. Aber Reisen sind niemals nützlich, sie bringen Mühsal und Enttäuschung für den Reisenden. Und inzwischen sind wir so weit, uns in die Klimakatastrophe zu reisen, Flugkilometer für Flugkilometer.

Die Voyager-Sonden reisen noch immer, und es war wohl ein Rest der damals entfachten Phantasie, was mich Ende der 90er Jahre bewegte, der weltweiten SETI Gemeinde beizutreten, die ihre Computer zur Verfügung stellt, um die Signale, die aus dem Kosmos zu uns kommen, auf Anzeichen von Außerirdischer Intelligenz zu untersuchen. Seither haben meine wechselnden Rechnergenerationen in über zwei Jahrzehnten Millionen von Datenpaketen darauf überprüft, ob sich da ein kosmischer Nachbar auf Sendung begeben hat, um sein ‚Hallo! Ist da wer?‘ in die Milchstraße zu rufen.

Aber das scheint niemand zu tun. Bisher ist – mit einer Ausnahme – bis auf Rauschen nichts dabei herausgekommen. Womit wir beim Fermi Paradox wären. Enrico Fermi hatte angesichts dieses großen Schweigens schon in den 50er Jahren gefragt „Where is everybody?“ Es sind schließlich Milliarden von Sternen in unserer Galaxy, die unserer eigenen Sonne ähnlich sind. Und sehr viele davon sind Millionen von Jahren älter als unsere Sonne. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden einige dieser Sonnen von erdähnlichen Planeten umkreist, und wenn die Entwicklung auf unserer Erde nur einigermaßen typisch ist, dann müsste sich dort intelligentes Leben entwickelt haben. Einige dieser Zivilisationen müssten längst die Technik zum Reisen im All entwickelt haben, immerhin sind wir ja selbst gerade dabei, dies zu tun. Und selbst, wenn man die großen Entfernungen in der Milchstraße als schwer zu überwindendes Hindernis in Rechnung stellt, dann hat es bisher mehr als genug Zeit für solch eine Reise gegeben. In wenigen Millionen Jahren wäre unsere gesamte Milchstraße zu bereisen. Also, wo zum Teufel sind sie alle! Das fand Fermi paradox. Und so geht es mir auch. Vor allem seit die reale Reise gar nicht mehr nötig wäre, um sich bemerkbar zu machen. Radiowellen reisen mit Lichtgeschwindigkeit, warum antwortet uns also seit Jahrzehnten nur das große Schweigen, wenn wir den Kosmos um uns belauschen?

Könnte es am Ende einen wichtigen Grund für das Schweigen unserer Nachbarn geben? Wissen Sie vielleicht etwas, das wir uns nicht vorstellen können, weil wir zu naiv sind. Was wäre, wenn sie gar nicht auf sich aufmerksam machen wollen, weil es da draußen etwas gibt, dass viel zu gefährlich ist, um den Arm hochzureißen und laut „Hier sind wir!“ zu rufen? Wäre also das Fermi-Paradox am Ende gar nicht so paradox, sondern eine Folge größerer Einsicht? Es muss ja nicht heißen, dass der Weltenraum um uns voll Teufel ist. Reichen würde es ja letztlich schon – seien wir doch mal ehrlich -, wenn da so verquere Typen wie wir in größeren Mengen unterwegs wären. Würden Sie sich gern von uns entdecken lassen? Und falls Sie jetzt JA! rufen wollen, denken Sie vorher bitte noch einmal genau nach. Sie könnten zum Beispiel das Schicksal der Ureinwohner in den beiden Amerikas in Rechnung stellen. Aber mit etwas Nachdenken fallen Ihnen sicher noch massenhaft andere Bevölkerungsgruppen auf unserem Planeten ein, die sich gewünscht haben, nicht ‚entdeckt‘ worden zu sein.

Ach ja, da gab es ja noch das eine Signal, das bisher einzige Signal, das aus dem Rauschen herausragte. Der Wissenschaftler, der es in seinem Computerausdruck fand, markierte es und schrieb ganz aufgeregt „Wow!“ daneben. Und dann suchte man die Himmelsregion ab, aus der es gekommen war. Aber da war nichts mehr. Es wiederholte sich nicht. Und was es bedeutet, das wissen wir nicht.

Wow! schweigt seither, was vielleicht besser so ist.

Bleiben Sie trotzdem glücklich
wünscht Ihnen PHG

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker