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Dem Wasser sich ergeben

Wiesbaden, Dienstag, 6. März 2018, bei Mendelssohns 
Klavierkonzerten Nr. 1 g-mol und Nr. 2 d-moll in einer
Schallplatten-Aufnahme von 1978, mit der damals gerade
mal 17jährigen Kristin Merscher am Klavier. Wunderbar.
Zu ihr führt mein Weg durch die finstere Luft,
nicht in die Hölle, denn überall, wo
so große Schönheit weilt, ist das Paradies.
(Claudio Monteverdi: Orpheus)

Seit einem Monat keinen BLOG mehr verfasst, dafür die Novelle „Er kommt erst am Abend zurück“ fast bis zur hundertsten Seite vorangebracht, außerdem mit der Korrektur der neuen Fahnen von „Calvinos Hotel“ begonnen – der Roman soll noch in diesem Frühjahr in einer überarbeiteten Neufassung erscheinen -, bin aber noch gar nicht weit, erst auf Seite 24, wobei ich stocke und überlege, ob ich nicht ganz drastisch kürzen sollte; der General schwätzt mir zu viel. Ja, und dann drittens ein langes Interview verfasst. Verfasst, da mir die Fragen schriftlich vorgelegt wurden. Am Ende ist mir daraus beinahe ein kleiner Essay von 22 Seiten geworden. Das Interview wird im Interkulturellen Netzwerk für Hochbegabte erscheinen, was wegen der Überlänge wohl nur in mehreren Teilen möglich ist.

So liegt um mich herum alles voll mit Manuskripten, die bearbeitet werden wollen und mir den Eindruck vermitteln, dass nichts voran geht, außer dem Jahr natürlich, das jetzt bereits im März angekommen ist, während ich doch das Gefühl habe, es habe noch gar nicht richtig begonnen. Nun, vielleicht ist es ja so, dass alte Männer immer langsamer werden, während die Zeit, in der sie leben, um sie zu rasen beginnt. (Stephen King hat das Phänomen in seiner Erzählung „Mein kleines Pony“ mal sehr schön beschrieben.) Wenn dann eines Tages der Moment kommt, da man den Wechsel von Sommer und Winter nur noch als ein flackerndes Grün-Weiß-Grün-Weiß-Grün-Weiß wahrnimmt, dann ist man kurz vor dem Zieleinlauf.

Dazu würde die Novelle passen, mit der ich gerade kurz vor dem Abschluss angekommen bin. Die Liebste, der ich am gestrigen Abend daraus wieder vorlas, sagte dazu: „Das wird dein Dante.“ Äußerte dann aber auch gleich Zweifel, was es denn zu bedeuten habe, dass ich meinen Helden ‚Alwin Fall‚ dort so eine Jenseitsreise machen lasse. Ob sie Bedenken haben müsse? Was ich natürlich verneinte.

Hermes, Eurydike u. Orpheus (Villa Albani)

Es ist übrigens auch gar nicht so sehr Dante bzw. sein Inferno, um das es mir geht, schon allein, weil ich meinen Helden zwar durch das Totenreich wandern lasse, durchs Inferno also, aber einen anschließenden Himmel, ein Paradiso, für ihn und grundsätzlich nicht vorgesehen habe. So wie der Text völlig ohne religiöse Implikationen ist. Es gibt die Welt der Lebenden und die Welt der Toten, beide existieren in- und nebeneinander, durchdringen sich. Und wer Pech hat, der bleibt darin hängen. Eine Art von Erlösung gibt es nur insofern, als man ins Nichts, in die Leere, gehen kann. Aber selbst das ist den meisten verwehrt, weil sie dafür gar nicht wach genug sind, sprich, ihre Lage nicht erkennen.

Heute werde ich das wohl letzte Kapitel schreiben, in dem Alwin Fall seine Liebste in einem gesunkenen Schiff findet und sie zu retten versucht. Dafür muss er sich dem Wasser ergeben, um überhaupt zu ihr gelangen zu können. Aber dann folgt der Rückweg. Rückwege sind bekanntlich immer unendlich schwer. Sie wissen ja, wie es Orpheus ergangen ist.

Ich werde, sobald ich mit dieser Arbeit durch bin, leider nicht weitermachen können, bis ich den Text publikationsreif in Händen habe, zumal er gemeinsam mit zwei anderen Novellen erscheinen soll, die zwar schon etwas länger fertig sind, aber für die Publikation einer letzten Durchsicht bedürfen. Das muss alles gemeinsam dann etwas liegen, vielleicht ein zwei Monate. Vordringlich ist nach Abschluss der Novelle die Überarbeitung des Romans „Calvinos Hotel„, das Buch ist gegenwärtig leider nur noch als eBook auf dem Markt und soll in einer neu gesetzten Hardcover-Version erscheinen, die dann auch vorrätig bleiben wird.

Wenn ich das alles glücklich geschafft habe, so wird es vermutlich Frühsommer sein. Dann steht die Reise nach Auschwitz an, die  Schlussredaktion des Mutterbuches, sowie der Roman „Der Junge hinter der Tür“, den ich auf Seite 40 liegen ließ.

Das Jahr ist also voll. Ich wünsche Ihnen erfüllte Tage und
dass Sie glücklich bleiben
Ihr PHG

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker