Ekstase muss sein
Venedig, Donnerstag, 14. September 2017, bei Mahlers 4. Sinfonie unter Bruno Walter
Sitze etwas auf der Stuhlkante, da ich in der Frühe den einzigen Flug nach München erreichen muss, weiter von dort dann nach Frankfurt und, was immer unsäglich ist, mit der S-Bahn rüberschippern nach Wiesbaden. Man glaubt es nicht, aber die Hessische Landeshauptstadt ist im Grunde vom Verkehrsnetz abgeschnitten. Nicht mal der ICE hält dort. Grüßen wir also die Provinz.
Ich tue das nur, weil ich mich am Mittwoch kurzfristig entschieden habe, eine Opern-Uraufführung in Wiesbaden anzuhören. Volker Milch, der Musikredakteur, schrieb darüber eine kluge Vorankündigung, die ich im Netz las. Nun also diese Reise gegen die Orkan-Tiefs aus dem Süden herauf, um am Samstag „Schönerland“, die erste große Choroper des jungen Komponisten Søren Nils Eichberg zu hören. Volker Milch überschrieb seine Vorankündigung zitathaft mit der Forderung „Es muss eine Ekstase sein“. Ich will hoffen, dass das auch auf die Musik und nicht nur auf den Schaffensprozess zutrifft. Der Zuhörer hat meist nichts davon, wenn der Komponist sich an sich selbst ekstasiert hat. Schaue wir also mal.
Natürlich geht es um die Flüchtlings-Problematik. Das ist so notwendig wie banal. Allein das Probenbild der Vorankündingung spricht dafür, dass hier vielleicht aus Gründen der Aktualität an den Gründen, die eine Oper legitimieren können, vorbeikomponiert worden sein könnte. Aber das will ich nicht präjudizieren. Ich will es abwarten. Es kann – analog zum Highlander – nur einen geben, der von dieser Oper zu überzeugen vermag. Das ist der Komponist und seine Musik selbst. Darauf warte ich gern.
Ich grüße, und auch wenn Sie aus Altersgründen auf Ekstase nicht stehen,
kümmern Sie sich doch mal um die Oper des 21. Jahrhunderts
Ihr PHG