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Was am Ende bleibt – Passend zum Frauentag?

Venedig, 08. März 2017, bei durchgehendem Sonnenschein und 10 Grad, sowie bei Bellinis
"I Capuleti e i Montecchi", unter Riccardo Muti, in einer Aufnahme von 1985

Schwebend-unentschiedener Trödeltag, Wetter viel zu gut, zumindest dafür, dass für mein Gefühl das Jahr noch gar nicht richtig angefangen hat. Aber es hängt wohl auch damit zusammen, dass wir seit Wochen krank waren und weiter kränkeln. Zudem wartet man auf zu viel, besser gesagt, man wartet darauf, dass andere ihre Arbeit tun. Aber das ist naturgemäß schon immer zu viel.

Zu allem Überfluss ist nun auch noch eine meiner Lieblingsautorinnen gestorben. Die große amerikanische Autorin Paula Fox, deren Bücher ich viel zu spät entdeckte, ist tot. Auch sie ist jemand aus der Generation meines Vaters gewesen. Ich sage das, weil ich letzthin mit leichter Bestürzung begriffen habe, dass fast alle, die mir in den verschiedenen Künsten etwas bedeuten und bedeutet haben, der Generation meines Vaters angehören. Danach, nun ja, nichts Vergleichbares, zumindest. Paulo Fox wurde 1923 geboren und starb jetzt, 94 Jahre alt.


Ich begann meine Lektüre ihrer Bücher mit dem Roman „Was am Ende bleibt“ und werde die ‚Bentwoods‘ niemals mehr vergessen. Und natürlich, dass dies das einzige Buch der Welt ist, in dem die Ankündigung der Katastrophe auf derart beiläufige Art erfolgt. Nämlich mit dem Satz „Die Katze ist wieder da“, sagte Sophie.

Nun, Paula Fox ist tot. Gedacht soll ihrer werden. Und mögen ihre Bücher lange leben.

Geschrieben, dass dieser BLOG-Beitrag vielleicht zum heutigen Frauentag passen könnte, habe ich aber gar nicht wegen Paula Fox. Obwohl man es so sehen könnte. Vielmehr regte mich dazu meine heutige musikalische Begleitung an. Sie haben ja, falls Sie häufiger hier mitlesen, schon bemerkt, dass ich mich immer von Musik durch den Tag begleiten lasse. Diesmal ist es Vincenzo Bellinis Fassung des Romeo und Julia-Stoffes „I Capuleti e I Montecchi“, deren Uraufführung 1830 hier in Venedig stattfand, da war Bellini gerade mal 29 Jahre alt. Er starb bereits fünf Jahre später.

In der Inszenierung meiner Plattenaufnahme von 1985, für die Riccardo Muti das Orchester des Royal Opera Houses Covent Garden dirigierte, wird nämlich das berühmteste Liebespaar der Welt von zwei Frauen gesungen. Edita Gruberova singt die Giulietta. Und den Romeo gibt die grandiose Agnes Baltsa, von der Jens Malte Fischer schrieb, sie sei „vielleicht die einzige Erscheinung auf der Bühne der Gegenwart, die im Umriß des Temperaments an Maria Callas erinnert“.  Doch diese Gegenwart ist inzwischen naturgemäß auch vorbei, Agnes Baltsa wird in diesem Jahr 73 Jahre alt.

Ach, verzeihen Sie, ich trödele hier thematisch so herum. Dabei wollte ich Ihnen etwas über mein neues Buch schreiben und die öffentliche Lesung im Wiesbadener Kunsthaus, auf der das Buch  nächsten Monat präsentiert werden soll. Aber dazu vielleicht später, wenn mir nicht zu viele andere Themen durch den Kopf gehen. Jetzt muss erstmal die Ankündigung des Lesungs-Termins links in der Seitenleiste reichen.

Ich hatte auch schreiben wollen, dass die Julia, wenn wir sie uns in ihrer Zeit realistisch vorstellen wollen, wohl kaum älter als 14 Jahre gewesen sein dürfte. Die berühmteste Liebesgeschichte der Welt, eine Liebe unter Kindern also. Und Romeo, das Sinnbild des jugendlichen Liebhabers für alle Zeiten, war ein pöbelnder Anführer einer Jugendbande, die die Straßen unsicher machte und die Bürger mit einem Alptraum an Gewalt malträtierte. Wenn ich ihn inszenieren müsste, so würde ich ihn wie den jungen Hooligan Alex aus Anthony Burgess Roman „Uhrwerk Orange“ auftreten lassen bzw. wie in der Verfilmung des Buches durch Stanley Kubrick.


Anthony Burgess, auch einer meiner längst dahingegangenen literarischen Bezugspunkte, erinnern Sie ihn noch? Er starb 1993. Haben Sie etwas von ihm gelesen? Er hat über 50 Romane geschrieben. Möglich wäre es also. Ich traf ihn kurz vor seinem Tod in Straßburg. Die Haare seiner Frau sehe ich immer noch vor mir, schwarz wie ein Rabenflügel. Aber das führt jetzt wirklich zu weit.

Haben Sie einen schönen Tag, hüten Sie sich vor Abschweifungen und vor allem

bleiben Sie glücklich, wünscht Ihnen PHG

Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker