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Mutterbuch beendet

Venedig, Donnerstag, 14. Juli 2016, kühler Tag, doch hell - bei Richard Wagners
"Das Rheingold", aufgenommen am 26. 10. 1953 unter Furtwängler - für mich als
Auftakt, um mal wieder Furtwänglers italienischen "Ringe" durchzumustern (aus
Deutschland sind ja keine erhalten geblieben).

Gestern um 16:30 Uhr habe ich die erste vollständige Niederschrift des Mutterbuches fertiggestellt, das ich am 11. Dezember vergangenen Jahres mit der handschriftlichen Schilderung der Beisetzung, noch vor der Rückfahrt nach Hause vom Hauptbahnhof in Dortmund, zu schreiben begann.

Vorgenommen hatte ich mir als Schreibzeit einen Abschnitt von 11 Monaten – analog zum Zeitraum für das Kaddisch-Gebet der jüdischen Tradition. Dieser Zeitraum liegt für mich, der ich in keiner Weise ein gläubiger Mensch bin, in dem Umstand begründet, dass ich nach dem Tod meiner Mutter eben gerade das Fehlen eines Trauerritus sehr deutlich empfand. Ich habe deshalb das Schreiben dieses Buches für mich an die Stelle solch eines Ritus gesetzt. Elf Monate des Totengedenkens im Akt des Schreibens. Oder, wie ich es gestern am Ende des Textes formulierte, in dem Versuch, die zerbrochenen Knochen von Mutters Vergangenheit wieder zusammenzufügen.

Das Manuskript endete gestern auf der Seite 170. Und von den 11 Monaten sind erst sieben herum. Also bleiben mir noch vier für das Lektorieren, bei dem es sicher noch etwas anwachsen wird. Ich denke, dass noch Beschreibungen von Mutters Kindheit in Schleswig-Holstein fehlen, denn es muss noch etwas von der Landschaft in das Buch hinein, die auch mich in meinen frühen Jahren geformt hat.

Aber das hat jetzt Zeit, denn erstmal muss das Manuskript nun liegen, damit der notwendige Abstand entsteht, ohne den eine Überarbeitung nicht sinnvoll möglich ist. Außerdem muss zuvor das Schlusslektorat des neuen Romans erfolgen, der im kommenden Frühjahr erscheinen wird. Darauf freue ich mich schon sehr.

Eben fällt mir auf, dass der oben zitierte Schlusssatz des Mutterbuches recht eigentlich das ausdrückt, was ich in meinem ganzen Werk immer wieder versucht habe und wohl auch weiter versuchen werde. Die zerbrochenen Knochen der Vergangenheit wieder zusammenfügen. Dass das einer zunehmend erinnerungslosen Welt nach einer seltsamen und vermutlich sogar anstößigen Beschäftigung aussehen muss, ist mir klar – aber daran kann ich nichts ändern.

Bleiben Sie glücklich, PHG

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Peter H. E. Gogolin: Erzähler, Roman-Autor, Stücke- und Drehbuchschreiber, Lyriker