Das Meer der Geschichten
Wenn man bedenkt, dass das ganze Leben ein Meer aus Geschichten ist, ja, dass jeder Tag voll von Geschichten ist, dann muss man zugeben, dass man als Autor an den Geschichten, die man irgendwann einmal für wert befunden hat, niedergeschrieben zu werden, in der Regel viel zu lange gearbeitet und auch hernach vor allem viel zu lange festgehalten hat – denn das Leben ist kurz.
Morgen werde ich am Nachmittag mit Bettina Römer, der Sprecherin meines Hörbuches mit phantastischen Erzählungen „Der Schatten Gottes“, ins Studio zu Radio Rheinwelle fahren, um das Buch vorzustellen, daraus zu lesen und in der Zeit von 15 bis 17 Uhr mit dem Moderator Rüdiger Heins zwischen Musiken von Keith Jarrett über Phantastische Literatur zu plaudern. Wer zuhören möchte, der kann das auf UKW über 92,5 Mhz tun. Oder am besten direkt über Webradio, also einfach auf die Seite des Senders gehen und sich in den Stream live einschalten.
Die Sammlung umfasst 12 Erzähltexte, die ich jetzt, nachdem die Hörbuchfassung in diesen Tagen auf der Verlagsseite und auf den Hörbuchportalen von audibel.de publiziert wird, endlich auch einmal als Print-Manuskript zusammengestellt habe. Es hat knapp 250 Seiten und wäre auch als Druckausgabe gut vorstellbar. Der Verlag erwägt es für das kommende Jahr, doch da bereits die Neuauflage des Romans „Seelenlähmung“, der im vergangenen Herbst von mir verschoben worden ist, sowie als neuer Roman „Das Herz des Hais“ auf der Liste meiner Publikationen für 2012 steht, so wird dieser Erzählband in einer möglichen Druckfassung wohl noch etwas warten müssen.
Es ist freilich eh so, dass ich gar nicht mehr weiß, wann ich die einzelnen Geschichten dieses Bandes geschrieben habe; einige von ihnen sind sicher über zehn Jahre alt. Das liegt daran, dass ich zum einen Erzählungen sowieso immer nur zwischen größeren Werken schreiben konnte, also in der Zeit zwischen Romanen oder aber Theaterstücken. Meiner speziellen Freude an der klassischen phantastischen Erzählung bin ich dabei nur dann nachgegangen, wenn ich keine Mainstream-Story schrieb. Das hat natürlich damit zu tun, dass es angeblich für dieses Genre der Phantastischen Literatur gar keinen Markt mehr gibt, sodass ich die Texte recht eigentlich nur für mich geschrieben habe; da sind 12 Geschichten in etwa 10 Jahren schon viel. Und ich habe umso mehr gestaunt, als ich in der vergangenen Woche bei der Zusammenstellung des Manuskriptes für die mögliche Druckfassung feststellte, dass tatsächlich genau die Hälfte dieser Texte zuvor bereits in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlich worden waren.
Mir liegen diese Geschichten inhaltlich naturgemäß sehr am Herzen, aber ich spüre eben auch deutlich, dass sie für mich längst abgeschlossen sind und ich die Zeit, die ich damit auf Lesungen oder wie jetzt im Radio zubringe, eigentlich lieber für das Schreiben neuer Texte hätte. Aber das geht nun mal nicht, denn als Autor kann man heute froh sein, wenn man auch nur die Hälfte seiner Schreibzeit tatsächlich für das Schreiben zur Verfügung hat. Das Eintauchen in das Meer der Geschichten, das doch das Eigentliche sein sollte, gelingt also kaum jemals im gewünschten Maße.